Bielefeld: Unterschied zwischen den Versionen

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Schlaraffen hört!<br>
 
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Man verzeihe dem in die Region „Zugereisten“ einen Blick auf Bielefeld. Man kann bekanntlich nur Dinge lieben, die einem vertraut sind, und Bielefeld ist mir nicht vertraut. Trotzdem will ich eine Einschätzung, keine Beurteilung wagen.<br>
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Man verzeihe dem in die Region "Zugereisten" einen Blick auf Bielefeld. Man kann bekanntlich nur Dinge lieben, die einem vertraut sind, und Bielefeld ist mir nicht vertraut. Trotzdem will ich eine Einschätzung, keine Beurteilung wagen.<br>
Die völlige Abwesenheit jener Faktoren, die eine Metropole zur Metropole machen, ist bei Bielefeld offensichtlich. Weder bringt Bielefeld die Größe mit, die eine Metropole ausmacht, noch ist Bielefeld im Vergleich mit anderen „Metropolregionen“ mit seinem Umland vergleichbar gut vernetzt – von jenen fast mythologischen Faktoren, die a la „Metropolis“ bei vielen großen Städten vorliegen, um sie zu einer „großen Stadt“ zu machen, ganz zu schweigen.<br>
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Die völlige Abwesenheit jener Faktoren, die eine Metropole zur Metropole machen, ist bei Bielefeld offensichtlich. Weder bringt Bielefeld die Größe mit, die eine Metropole ausmacht, noch ist Bielefeld im Vergleich mit anderen "Metropolregionen" mit seinem Umland vergleichbar gut vernetzt – von jenen fast mythologischen Faktoren, die a la "Metropolis" bei vielen großen Städten vorliegen, um sie zu einer "großen Stadt" zu machen, ganz zu schweigen.<br>
Bielefeld auf das reduzierend, was es sein will – nämlich Stadt – lenkt den Blick automatisch auf jene seltene städtebauliche Kombination aus Kriegsfolgen, planerischer Unfähigkeit im großen Rahmen und bemerkenswerter Einzelbauhässlichkeit. Wenn man Bielefeld als „hübsch“ oder gar „schön“ bezeichnet, so verwendet man als Fremder unbewusst jenen Sprachduktus, den Kindergärtnerinnen verwenden, wenn sie die völlig misslungene Makramee-Bastelei eines Kindes beurteilen müssen. Und mit Ehrlichkeit haben – Hand aufs Herz – solche Beurteilungen wenig zu tun.<br>
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Bielefeld auf das reduzierend, was es sein will – nämlich Stadt – lenkt den Blick automatisch auf jene seltene städtebauliche Kombination aus Kriegsfolgen, planerischer Unfähigkeit im großen Rahmen und bemerkenswerter Einzelbauhässlichkeit. Wenn man Bielefeld als "hübsch" oder gar "schön" bezeichnet, so verwendet man als Fremder unbewusst jenen Sprachduktus, den Kindergärtnerinnen verwenden, wenn sie die völlig misslungene Makramee-Bastelei eines Kindes beurteilen müssen. Und mit Ehrlichkeit haben – Hand aufs Herz – solche Beurteilungen wenig zu tun.<br>
Der verständliche Wunsch, die komplette Existenz Bielefelds zu negieren, wird aus demselben Impuls gespeist, aus dem heraus unser Gehirn die Erinnerung an schmerzhafte Unfälle durch Schock löscht – weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Anders ist die sofortige Euphorie bei der umfassenden, freiwilligen Teilnahme an der sogenannten „Bielefeld-Verschwörung“ nicht zu erklären.<br>
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Der verständliche Wunsch, die komplette Existenz Bielefelds zu negieren, wird aus demselben Impuls gespeist, aus dem heraus unser Gehirn die Erinnerung an schmerzhafte Unfälle durch Schock löscht – weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Anders ist die sofortige Euphorie bei der umfassenden, freiwilligen Teilnahme an der sogenannten "Bielefeld-Verschwörung" nicht zu erklären.<br>
 
Doch selbst als vergessene Stadt, irgendwo zwischen Vineta, Brigadoon und Arkham eingereiht, ist Bielefeld völlig untauglich, weil es eben leider existiert. Die normative Kraft des Faktischen belegt die Existenz Bielefelds, ohne dass der Besucher das gutheißen muss.<br>
 
Doch selbst als vergessene Stadt, irgendwo zwischen Vineta, Brigadoon und Arkham eingereiht, ist Bielefeld völlig untauglich, weil es eben leider existiert. Die normative Kraft des Faktischen belegt die Existenz Bielefelds, ohne dass der Besucher das gutheißen muss.<br>
 
Historisch ist Bielefeld eine Spätgeburt, wenn nicht sogar Herforder Nachgeburt. Entstanden ist Bielefeld in einer Phase, in der alle schönen und wichtigen Städte Deutschlands – meine Heimatstadt Darmstadt natürlich eingeschlossen – schon entstanden waren. Bielefeld wird sich einen Platz im europäischen Kontext erst erkämpfen müssen. Ich rechne mit ersten Bielefelder Schritten dazu im späten 23. Jahrhundert.<br>
 
Historisch ist Bielefeld eine Spätgeburt, wenn nicht sogar Herforder Nachgeburt. Entstanden ist Bielefeld in einer Phase, in der alle schönen und wichtigen Städte Deutschlands – meine Heimatstadt Darmstadt natürlich eingeschlossen – schon entstanden waren. Bielefeld wird sich einen Platz im europäischen Kontext erst erkämpfen müssen. Ich rechne mit ersten Bielefelder Schritten dazu im späten 23. Jahrhundert.<br>
Selbst die „Schlaraffia“ brauchte einen langen Weg, bis der von der „Praga“ ausgehende Impuls durch weitere Verdünnung und Streckung mit einem letzten Tropfen in Richtung Bielefeld plätscherte.<br>
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Selbst die "Schlaraffia" brauchte einen langen Weg, bis der von der "Praga" ausgehende Impuls durch weitere Verdünnung und Streckung mit einem letzten Tropfen in Richtung Bielefeld plätscherte.<br>
Aber: Gäbe es die „Schlaraffia“ nicht, ich käme wohl nie nach Bielfeld. Da es die „Schlaraffia“ gibt, komme ich gerne hierher.<br>
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Aber: Gäbe es die "Schlaraffia" nicht, ich käme wohl nie nach Bielfeld. Da es die "Schlaraffia" gibt, komme ich gerne hierher.<br>
 
Lulu!
 
Lulu!
 
[[Kategorie:Schlaraffia]]
 
[[Kategorie:Schlaraffia]]

Aktuelle Version vom 1. Januar 2024, 11:58 Uhr

Bielefeld, die Unbekannte, ist 800 – unglaublich

Schlaraffen hört!

Man verzeihe dem in die Region "Zugereisten" einen Blick auf Bielefeld. Man kann bekanntlich nur Dinge lieben, die einem vertraut sind, und Bielefeld ist mir nicht vertraut. Trotzdem will ich eine Einschätzung, keine Beurteilung wagen.
Die völlige Abwesenheit jener Faktoren, die eine Metropole zur Metropole machen, ist bei Bielefeld offensichtlich. Weder bringt Bielefeld die Größe mit, die eine Metropole ausmacht, noch ist Bielefeld im Vergleich mit anderen "Metropolregionen" mit seinem Umland vergleichbar gut vernetzt – von jenen fast mythologischen Faktoren, die a la "Metropolis" bei vielen großen Städten vorliegen, um sie zu einer "großen Stadt" zu machen, ganz zu schweigen.
Bielefeld auf das reduzierend, was es sein will – nämlich Stadt – lenkt den Blick automatisch auf jene seltene städtebauliche Kombination aus Kriegsfolgen, planerischer Unfähigkeit im großen Rahmen und bemerkenswerter Einzelbauhässlichkeit. Wenn man Bielefeld als "hübsch" oder gar "schön" bezeichnet, so verwendet man als Fremder unbewusst jenen Sprachduktus, den Kindergärtnerinnen verwenden, wenn sie die völlig misslungene Makramee-Bastelei eines Kindes beurteilen müssen. Und mit Ehrlichkeit haben – Hand aufs Herz – solche Beurteilungen wenig zu tun.
Der verständliche Wunsch, die komplette Existenz Bielefelds zu negieren, wird aus demselben Impuls gespeist, aus dem heraus unser Gehirn die Erinnerung an schmerzhafte Unfälle durch Schock löscht – weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Anders ist die sofortige Euphorie bei der umfassenden, freiwilligen Teilnahme an der sogenannten "Bielefeld-Verschwörung" nicht zu erklären.
Doch selbst als vergessene Stadt, irgendwo zwischen Vineta, Brigadoon und Arkham eingereiht, ist Bielefeld völlig untauglich, weil es eben leider existiert. Die normative Kraft des Faktischen belegt die Existenz Bielefelds, ohne dass der Besucher das gutheißen muss.
Historisch ist Bielefeld eine Spätgeburt, wenn nicht sogar Herforder Nachgeburt. Entstanden ist Bielefeld in einer Phase, in der alle schönen und wichtigen Städte Deutschlands – meine Heimatstadt Darmstadt natürlich eingeschlossen – schon entstanden waren. Bielefeld wird sich einen Platz im europäischen Kontext erst erkämpfen müssen. Ich rechne mit ersten Bielefelder Schritten dazu im späten 23. Jahrhundert.
Selbst die "Schlaraffia" brauchte einen langen Weg, bis der von der "Praga" ausgehende Impuls durch weitere Verdünnung und Streckung mit einem letzten Tropfen in Richtung Bielefeld plätscherte.
Aber: Gäbe es die "Schlaraffia" nicht, ich käme wohl nie nach Bielfeld. Da es die "Schlaraffia" gibt, komme ich gerne hierher.
Lulu!