Die Lewis-Flut

Aus hermannritter.de
Version vom 13. Januar 2024, 13:20 Uhr von Hermann Ritter (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

BEOBACHTUNGEN AUS DEM 21. JAHRHUNDERT

2006 wird das große NARNIA-Jahr werden. Das war mir vorher schon klar. Aber wie schlimm es wirklich werden würde, das wurde mir erst im Verlauf der Wochen und Monate klar, die mit NARNIA gefüllt waren.
Die ersten Anzeichen der Flut fand ich in der »Newsweek« vom 07.11.2005. Die Titelseite verkündet groß »The New ›Narnia‹«. Der Artikel »Next Stop Narnia« bringt dann Filmbilder, etwas Hintergrund zu Lewis und ein Interview mit den Kinder-Schauspielern.
Bald kam das zweite Warnzeichen der zu erwartenden Flut. Die »Stiftung Lesen« versandte ihre neuen »Ideen für den Unterricht« zum Thema DER KÖNIG VON NARNIA. Neben zwei Postern finden sich wirklich hervorragende Unterrichtsvorschläge. In einem Rollenspiel kann man »Die Macht der Hexen und Zauberer« erforschen, die Frage nach »Gut und Böse – eine einfache Unterscheidung« wird aufgeworfen und es geht um weiterführende Literatur. Hier werden nicht nur unter dem Titel »Die Tür zur Fantasie« DER ZAUBERER VON OZ und MIO, MEIN MIO genannt, sondern die Lesetipps umfassen auch Poul Andersons DAS ZERBROCHENE SCHWERT, die ERDSEE-Trilogie von Ursula K. LeGuin, LILITH von George MacDonald und DAS LIED VON EIS UND FEUER von George R. R. Martin.
Dann flatterte mir der Katalog von »Wal*Mart« (»Die Preise bleiben unten. Immer!« – 28.11. bis 03.12.) ins Haus. Zu DIE CHRONIKEN VON NARNIA gibt es (gut zu sehen auf der letzten Seite des Katalogs) Küchenrollen mit Filmmotiven, Taschentücher, Deluxe-Figuren, Joghurt, Kakao, PlayStation 2-Software, das Hörbuch und Frühstücksflocken für Kinder.
Für Aufheiterung sorgte dann »The New Yorker« (21.11.2005) mit »Prisoner of Narnia« von Adam Gopnik. Endlich mal eine Besprechung, die Lewis in einen vernünftigen Kontext bringt. Äußerungen über seine unterschiedliche Rezeption in den USA und Großbritannien stehen neben Aussagen über seine Sexualität (»Lewis’s weird and complicated sex life«, seine Selbsttitulierung als »Philomastix«, Peitschen-Liebhaber). Schön geschrieben, mit tiefen Einsichten in Lewis’ Werk und voller überraschender Lobpreisungen für seine Schriftstellerei – ein runder, sehr spitzzüngiger Artikel![1]
Unter »Verdammt in alle Ewigkeit« nimmt sich Dietmar Dath in der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« vom 04.12.2005 des Themas NARNIA an. Der gute Mann ist spitzzüngig wie immer – toll lesen sich Sätze wie
»Mitglied der in Oxford ansässigen frommen Winzigverschwörung ›The Inklings‹, bei deren Treffen man sich kluge und bis heute romantisch-schwärmerische Seite der Popkultur prägende, wenn auch stockreaktionäre Gedanken über die mögliche Rolle des mythischen und symbolischen in der Moderne machte.«
Schön war auch der Einkauf von Frühstück mit NARNIA-Bezug. Nesquick bietet in den »für ein Knusper-Frühstück«-Packungen NARNIA-Figuren an. Sechs Stück gibt es – Aslan, den Greifen, die weiße Hexe, einen Zentauren (»Centaur« geschrieben), Herrn Tumnus und einen Satyr. Unter Kälte verändern sich die Figuren – wenn man sie ins Eisfach legt und auftaut, dann verändern sie ihre Farbe von Eis zu normaler Farbe. Ich gewann Aslan, bei dem sich »nur« der Teppich verändert, nicht der Löwe selbst.
Im Laden gibt es auch das erste NARNIA-Gewinnspiel von »Buena Vista International«. Zu gewinnen ist eine Playstation 2, die Frage lautet
»Wie heißt der Löwe, der rechtmäßige König von Narnia?
• Tigger,
• Aslan oder
• Simba«.
Ich bin beeindruckt.
Die Firma »Weta Collectibles« bietet für den Sommer die NARNIAFiguren an. Das Stück kostet um die schlappe 150 Dollar, die »Narnia: Lion and Witch bookends« kosten dafür zusammen nur 175 Euro (»8’’ tall, fully painted, limited edition«).
»Master Replicas« bietet dafür Meisterwerke wie »Peter’s Sword« an – eine Replik, für die nicht einmal ein Preis angegeben wird.
Ohne den Hinweis »But the door open up on Narnia (So who will claim the lion’s share?)« auf dem Cover hätte ich in »Empire 198« keinen Blick geworfen. Ein sehr schönes Filmmagazin, dessen Bericht über den NARNIA-Film mich überzeugt hat. Brillant jedoch »Narnia in a nutshell«. Zum letzten Buch der Serie heißt es treffend:
»The Last Battle Or, Armageddon. Monkey/Antichrist leads many astray. Faithful go to heaven, though, so all’s that ends well.«
Aber inzwischen ist der Boom schon wieder vorbei. Die Bücher verschwinden aus den Schaufenstern, der Film ist aus den Kinos verschwunden. Ich sage es gleich: Ich habe ihn nicht gesehen, bleibe lieber bei der BBC-Fernsehserie und einigen anderen Erinnerungsstücken. Aber ich will Lewis nicht vergehen lassen, ohne mich zu den wichtigsten (und aktuellsten) Büchern zum Thema zu beschäftigen. Zwei Titel fehlen in der folgenden Liste. Zu GOTT UND DIE WELT IN NARNIA und NARNIA – DAS BILDERBUCH bekam ich keine Rezensionsexemplare. Und meine Leidensfähigkeit ist nicht groß genug, dass ich mir die Bücher selbst kaufe.

MARTHA C. SAMMONS
DER REISEFÜHRER DURCH NARNIA
A GUIDE THROUGH NARNIA (1979)
Übersetzung: Christian Rendel
Titelbild: Kortüm + Georg, Agentur für Kommunikation, Münster
Brendow
191 Seiten

Im ersten Kapitel »Der Schöpfer der Narnia-Chroniken« erfahren wir etwas über den Menschen Lewis. Dieser »gab zu, dass er den nordischen Gott Balder liebte, bevor er Christus lieben lernte.« Sein Übertritt zum Christentum wird beschrieben, ohne überbewertet zu werden. Die Entstehung der sieben Bücher wird kurz beleuchtet, dann folgen Inhaltsangaben der Bände.
Bei der Landesbeschreibung versucht Sammons Klassifikationen einzuführen, die Lewis so in seinen Büchern nicht angelegt hat. Die Hierarchie der Menschen und Tiere ist zwar logisch, aber die Teilung zwischen »Longaevi« (langlebigen Geschöpfen wie Nymphen) und sprechenden Tieren ist unlogisch, außerdem sind die Klassen bei Lewis durchlässig, nicht starr.
Im siebten Kapitel über die »Geschöpfe des Bösen« erkennt Sammons richtig, dass Lewis das Böse auch Kindern darstellt, weil er nichts davon hält, sie zu belügen (zu behüten?).
Das Ende bilden ein Index der Namen und Wesen, ein paar Anmerkungen zu einigen Begriffen, eine vergleichende Chronologie Narnia/Erde und drei Seiten Karten (die leider zu klein reproduziert worden sind).
Fazit: Dies war das einzige Sekundärwerk zu NARNIA das ich besaß, bevor der Film seinen Schatten warf. Den Kauf habe ich bis jetzt nicht bereut.

MICHAEL COREN
C. S. LEWIS – DER MANN, DER NARNIA SCHUF
THE MAN WHO CREATED NARNIA: THE STORY OF C. S. LEWIS (1994)
Übersetzung: Barbara Trebing
Titelbild: Aus dem Film SHADOWLANDS
Brendow
143 Seiten

Coren versucht einen Überblick über das Leben von Lewis. Leider scheitert er auf ganzer Linie. In »Der Anfang« schildert er Lewis Kindheit und Jugend so, als würde er zu Menschen sprechen, die noch nie im Leben ein Buch gelesen haben (»Wenn wir heute das Wort Nordirland hören, dann in der Regel, weil wieder irgendwo eine Bombe explodiert ist oder ein Soldat erschossen wurde.«). Manche Dinge sind einfach so falsch, dass sie schon wieder gut sind. So schrieb Lewis angeblich über die Geburt seines älteren Bruders: »Von seiner Ankunft weiß ich nichts mehr (...)« – was sehr glaubhaft ist, weil er da noch nicht am Leben war – und über den Tod seiner Mutter heißt es »Doch seine Tränen waren kaum getrocknet, da wurde er übers Wasser davongeschickt – nach England (...).« Ein beeindruckender Zusammenhang.
Auch halte ich es für überflüssig, einem Leser im Rahmen dieses Werkes das Christentum erklären zu müssen: »Der Glaube, dem sich Lewis zuwandte, ist eine der größte Weltreligionen. Sie entstand vor rund 2000 Jahren in dem Land, das wir heute Israel kennen.« Und in diesem Stil geht es noch viele Zeilen weiter. Lewis Zuneigung zur nordischen und keltischen Mythologie wird hingegen erwähnt, aber ihr Nachklang in seinem Werk nicht.
»Träume und Türme« leidet darunter, dass Lewis Sexualität ausgeblendet wird (warum wohnte er mit der Mutter seines toten Freundes und deren Tochter jahrelang zusammen und pflegte die Mutter bis zum Tod?), genauso wie der Alkoholismus seines Bruders nie begründet, nie thematisiert wird.
Die okkulten Anklänge im Werk Lewis und die Mitgliedschaft seines Freundes Charles Williams in einer »okkulten Gruppe« mit dem schönen Namen »Orden der Goldenen Morgendämmerung« – unter »Golden Dawn« findet man eher Material dazu – werden ignoriert.
Interessant ist dann wieder das vierte Kapitel, »Narnia«. Einige Aspekte sind einfach falsch (nicht alle Kinder kehren im letzten Band nach Narnia zurück, Lewis Frauenfeindlichkeit spielt in der Darstellung Corens keine Rolle etc.), der Rest ist langweilig formuliert.
»Und Freude kam in mein Leben« schildert Lewis Beziehung zu Joy, seiner großen Liebe. Leider sind Kommentare wie »Ihre Eltern waren Juden, hatten sich aber vom jüdischen Glauben abgewandt« uninteressant, im Zusammenhang mit dieser Liebe, die angeblich viele Widerstände überwinden musste, nur dämlich.
»Aus dem Schattenreich« bringt den schönsten Satz des Buches; er endet das Buch und berichtet von Lewis Tod. »Was Atlan betrifft, so sagten manche, sie hätten ihn den ganzen Tag brüllen hören, von Oxford bis an die Enden der Welt«. Und dieser Satz ist in sich doppelt schön: Weil er ein schönes Bild bietet und gleichzeitig ein schlechtes Buch beendet.

C. S. LEWIS
BRIEFE AUS NARNIA
Originaltitel: LETTERS TO CHILDREN (1985)
Übersetzung: Christian Rendel
Titelbild: Kortüm & Georg, Münster
Brendow Verlag
141 Seiten

Das Vorwort verfasste Douglas H. Gresham, einer von Lewis’ zwei Adoptivsöhnen (die er nach dem Tode seiner Frau Joy groß zog).
Der Autor der Einführung und des einleitenden Kapitels »C. S. Lewis: Seine Kindheit« bleibt leider anonym; er wird auch in den Angaben im Impressum nicht genannt. Unverständlich bleibt, warum man nur eine Zusammenfassung von Lewis’ Kindheit geliefert wird. Die genannte Begründung überzeugt mich nicht: »Da diese Briefe an Kinder geschrieben wurden, schließt sich an diese Einführung ein kurzer Überblick über C. S. Lewis’ Kindheit an.« Immerhin erfährt man in dieser Einführung etwas über Boxen, das imaginäre Land, das Lewis lange vor Narnia mit seinem Bruder gemeinsam schuf.
Die Briefe sind unterhaltsam, manchmal ein wenig altklug, oft ein wenig seltsam. Bei manchen Briefen winselt man fast um Kürzung: »Aber die Meerschweinchen passen gut dazu, dass Du Deutsch lernst. Ich bin sicher, wenn sie sprechen könnten, wäre das ihre Sprache.«
Mein Lieblingsabsatz beschäftigt sich mit Sputnik und der Hoffnung, dass Hunde (wie Laika) im All mutieren, damit sie wiederkommen und sich an den Menschen rächen können …
Der Untertitel »C. S. Lewis schreibt an Kinder« beschreibt den Inhalt schon sehr schön. Ein schön zu lesendes, kurzweiliges Buch – mit seinen Mängeln.

MARK EDDY SMITH
ASLAN, DER LÖWE VON NARNIA
Originaltitel: ASLAN’S CALL (2005)
Übersetzung: Christian Rendel
Titelbild: Michael Basler
Brunnen Verlag

Dieses Buch habe ich gerne gelesen, obwohl mich der Untertitel »Die Bedeutung des Königs von Narnia im Werk von C. S. Lewis« eher abgeschreckt denn begeistert hat.
Smith versucht nicht, Narnia zu erklären. Er beschreibt, was er mit Narnia erlebt hat (und hält nicht mit seinen Ansichten über das Christentum zurück: »Ich weiß, dass Narnia ein Ort ist, den sich [...] Lewis [...] ausgedacht hat, während Nazareth wirklich existiert, genauso wie Jesus.«, in der Nacht in Gethsemane stand »die ganze Weltgeschichte [...] auf Messers Schneide«).
Buch für Buch geht er die Bände der Serie durch, schildert religiöse Bezüge und erläutert die Handlung. Diese Deutung hat zum Teil eine Tiefe, die mir bei anderen Schnellschüssen zum NARNIA - Film fehlt (ein Beispiel: »Wie Henoch und Elia hat auch Riepischiep aufgrund seiner Treue die Gnade erlangt, direkt aus der Welt heraus versetzt zu werden, ohne den Tod durchschreiten zu müssen.«).
Am Ende versucht er eine Beschreibung des weiteren Lebens von Susan, die nicht nach Narnia zurückkehren konnte. Er verkneift sich die Schilderung dieser Geschichte dann doch wegen der drohenden Copyright-Verletzungen. Dafür ist »Die Begegnung mit Aslan: Eine Geschichte« eine schöne Geschichte über den Glauben und den Zauber von Narnia. Nicht mehr und nicht weniger.
Beendet wird das Buch von »Fragen zum Nachdenken und fürs Gespräch«, die aber eher theologischen Charakter haben.
Fazit: Ein schönes Buch, auch für Menschen, die keine gläubigen Christen sind.

KURT BRUNER & JIM WARE
DAS GEHEIMNIS VON NARNIA
Originaltitel: FINDING GOD IN THE LAND OF NARNIA (2004)
Übersetzung: Karoline Kuhn
Titelbild: Getty Images/Philip Coblentz
Gerth Medien
157 Seiten

Die beiden Autoren kennen sich eigentlich in der Materie aus. Gemeinsam sind sie die Autoren von DER RING UND SEIN GEHEIMNIS, einer der beiden hat eine NARNIA-Hörspielreihe produziert. Alles Vorbedingungen, sich tiefer mit NARNIA auseinander zusetzen. Pustekuchen.
Schon anfangs wird klar, was der Effekt von NARNIA auf den Leser sein soll: »reine Freude! Wir erlebten das Evangelium neu mit allen Sinnen (...).« Einzelne Auslegungen erscheinen mir dann immer wieder fragwürdig, so die Gleichsetzung von Jesus mit dem »Lord of the Dance« und »Choreograf des großen Tanzes, der die Bewegungen es Universums führt«. Christlich überfrachtet, aber in den theologischen Deutungen immer an der Oberfläche schrammend, wenn man mich fragt.
In einzelnen Kapiteln wird die Handlung der NARNIA-Serie neu erzählt und kommentiert. Das führt dazu, dass man bald gelangweilt ist, weil man die Zusammenfassungen lieber überspringen möchte (immerhin kennt man sein NARNIA schon, wenn man mit dem Lesen hier anfängt). Die Nachbemerkungen »Zum Nachdenken« nach jedem Kapitel laden auch nicht immer zum Nachdenken ein, sind eher peinliche Aphorismen vom Charakter jener Klebezettel, die man in Fußgängerzonen von gläubigen Christen in die Finger gedrückt bekommt.
Fazit: Wirklich Neues findet man nicht, aber richtig schlecht ist das Buch leider auch nicht. Als Einstieg ist es ungeeignet, weil es wenig über Lewis und NARNIA sagt, dafür viel über die Autoren und das Christentum, das sie leben.

E. J. KIRK
NARNIA HINTER DEM WANDSCHRANK
Originaltitel: BEYOND THE WARDROBE: THE OFFICIAL GUIDE TO NARNIA (2005)
Übersetzung: Ulrike Zellmer
Titelbild: Foto aus dem Film DIE CHRONIKEN VON NARNIA: DER KÖNIG VON NARNIA
Innenillustrationen: Pauline Baynes, Tudor Humphries, Cliff Nielsen und Bilder aus dem Film.
Karte: Pauline Baynes
Brendow
128 S. A4

Nein, ich weiß nicht, wie dieses Buch eigentlich heißt. Der Rücken sagt obigen Titel, das Cover nennt DIE CHRONIKEN VON NARNIA HINTER DEM WANDSCHRANK und den Untertitel »Der offizielle Führer in die Narnia-Welt«, aus dem Vorblatt ist der Titel auch nicht klar ersichtlich. Aber damit endet meine Kritik an dem wunderschön gemachten, A4-großen Buch auch schon.
In acht Kapiteln wird NARNIA dargestellt. »Im Inneren des Wandschranks « behandelt die mythischen Geschöpfe NARNIAS. »Geheimnisse eines Geschichtenerzählers« ist eine Einführung in Lewis’ Leben (samt einer Originalillustration zu Lewis’ erster Fantasywelt Boxen). »Die große Geschichte« erzählt kurz den Inhalt der sieben Romane, zeigt die Cover der Originalausgaben und erzählt ein wenig über literarische Einflüsse auf Lewis. »Die magischen Lande von Narnia« (samt einem wunderschönen Bild von Cair Paravel) beschreibt NARNIA und verwendet dafür sehr passende Fotos (der Erde, von was sonst).
In »Nach Narnia ... und zurück« werden die verschiedenen Möglichkeiten geschildert, zwischen den Welten zu wechseln. Eigenartig ist nur die These, dass der unterschiedliche Zeitverlauf auf beiden Welten (Narnia/Erde) durch Einstein zu erklären sei: »Bewegt sich Narnia in Bezug auf die Erde mit Lichtgeschwindigkeit?«
»Narnias Besucher« schildert die Schicksale der Menschen, die im Laufe der Serie nach NARNIA übergewechselt sind. In »Das Volk und die Kreaturen von Narnia« werden dann die ganzen Fremdwesen erklärt, die in der Serie auftauchen. Die kurzen Abrisse sind sehr schön gemacht und hervorragend illustriert. »Und es geht weiter ...« schildert die Umsetzung von Narnia, unter anderem mit einem Exkurs zur bekanntesten Narnia-Illustratorin, Pauline Baynes, und Hinweisen auf frühere Verfilmungen (die ich bei anderen Büchern über den Film immer schmerzlich vermisse).
Die Aufmachung ist vorbildlich. Eine am linken Bildrand der Doppelseite laufende Zierleiste ist es wert, näher betrachtet zu werden.
Insgesamt: Ein sehr rundes, sehr schönes Werk, das man wohl am besten mit Kindern durchblättert und dann selbst liest. Eine Empfehlung.

COLIN DURIEZ
STREIFZÜGE DURCH NARNIA
Originaltitel: A FIELD GUIDE TO NARNIA (2004)
Übersetzung: Christian Rendel
Titelbild: Liita Forsythe
Gerth Medien GmbH
278 Seiten

Warum ich? Warum muss ich dieses Buch lesen? Okay, es hat unterhaltsame Momente, aber im Ganzen wirkt es wie eine zusammengestoppelte Sammlung von einzelnen Artikeln, damit man auch ein Buch über NARNIA im Programm hat.
Dabei ist der Aufbau nicht schlecht. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Erschaffung NARNIAS, der zweite wirft einen Blick auf die sieben Bände und der dritte Teil ist eine Enzyklopädie NARNIAS. Und hier zeigt sich schon die erste Schwachstelle des Buches: Der dritte Teil ist eigentlich ein verkappter Einzelband, der nur an den großen Rest »angeflanscht« wurde. Hier – wie auch an anderen Stellen – wiederholt sich der Text, so als hätte ein vernünftiges Endlektorat nicht stattgefunden. Das Buch macht den bösen Eindruck einer Aufsatzsammlung, die man zusammengeschweißt hat.
Zum Inhalt: Der Autor kommentiert im ersten Teil – schön illustriert – Lewis’ Kindheit und Jugend, verliert sogar einige Worte über die Fantasy-Welt Boxen. Interessant ist auch, dass Lewis’ Verletzung im ersten Weltkrieg durch »friendly fire« entstand ... Auch eine mögliche intime Beziehung zu Mrs. Moore wird (wenn auch nur ansatzweise) diskutiert.
Doch leider werden grundlegende Aussagen nicht belegt. »Lewis war entsetzt über die Science-Fiction seiner Zeit, in der Außerirdische meist als böse und als Feinde der Menschheit dargestellt wurden.« Man darf sich die Frage stellen, wie er dann das Tolkiensche Schwarz-Weiß-Schema empfunden hat. Viel später findet sich eine ähnliche, nicht belegte Feststellung: »Lewis’ Science-Fiction-Geschichten entstanden auf eine Herausforderung hin, die er und Tolkien sich gegenseitig gestellt hatten: Tolkien sollte über Reisen durch die Zeit schreiben, Lewis über Reisen durch den Raum.« Der Autor irrt bald weiter vom Weg ab, wenn er zum Beispiel den Begriff der »Archetypen« mit dem DICTIONARY OF BIBLICAL IMAGERY erklärt und diesen Begriff für NARNIA dann nur mit BIBEL-Stellen illustriert.
Im zweiten Teil geht es um die Chroniken NARNIAS. Ob »Mäusehäuptling« ein Titel ist, der zu Riepischiep und NARNIA passt ... Dieser Teil ist nett zu lesen, aber frei von Einsichten, die mich überrascht hätten.
Der dritte Teil mit der Enzyklopädie wirkt – wie schon gesagt – hinten dran geklebt. Nicht, dass dieser Teil nicht für sich selbst stehen könnte (könnte er – hier sind einige Einträge wirklich sehr gut belegt und bedacht), aber so ist er ein Anhängsel des Buches, mehr nicht. Da er auf Karten und Bilder völlig verzichtet, ist er eine reine Bleiwüste, die zu lesen nicht einmal Spaß macht, wenn man nicht gerne Lexika liest.
Ein paar prinzipielle Anmerkungen: Die anfangs noch eingerückten grauen Kästchen verschwinden mitten im Buch und die vorher am Rand integrierten Zitate der Originalromane gehen nun im Text auf – was der Lesbarkeit nicht entgegen kommt. Immer wieder kommt es zu ärgerlichen Lektoratsfehlern. Das Kapitel 10 – »Andere Werke von C. S. Lewis im Kontext mit den »Chroniken von Narnia«« – ist nach den englischen Originaltiteln der Büchern sortiert, nicht nach den genannten deutschen Titeln der Bücher; die englischen Originaltitel sind nicht mit angegeben. In der Liste der auf Deutsch erschienen Bücher fehlt z.B. DER DUNKLE TURM.
Fazit: Insgesamt eine Halbheit mit netten Höhepunkten.

A. N. WILSON
C.S. LEWIS A BIOGRAPHY
Titelbild: Foto »Jack Lewis as a child«
Harper Perennial
334 Seiten

Aktuell zum Film erschien diese Biographie von 1990 erneut. Ich sage es ganz ehrlich: Ich bin begeistert. Sowohl von der Faktenflut des Buches als auch von seinem schönen Inhalt. Hier lernt man etwas über den echten Jack Lewis, etwas über seine Gedanken über den Tod, das Sterben, die Familie, Sexualität (Lewis’ Sadomasochismus wird mehrfach thematisiert) und die Gabe der Phantasie. Außerdem ist das Buch mit vielen Photographien illustriert.
Lewis wird hier nicht zur Ikone, aber er wird zu einer liebenswerten (und nachvollziehbaren) Gestalt. Was eigentlich viel schöner ist.
Das sein privates Leben nicht glücklich war, wird einem aus diesem Buch klar. Beziehungen mit Frauen waren für ihn schwierig, sein eigener Familienhintergrund (sein Vater ein Trinker, ebenso sein Bruder, seine Mutter starb früh) war zumindest kompliziert und seine Suche nach Glauben, der sein Leben festigen konnte, anstrengend. Trotzdem stand Lewis zum Beispiel sein Leben lang für seinen Bruder ein, der auch Jahrzehnte mit ihm zusammen wohnte.
Schön sind Wilsons oft sarkastische Anmerkungen. So schreibt er über Lewis’ Lyrik: »True, large numbers of people write bad poetry in their teens. But Lewis went on and on doing so (...).« (S. 48). Über die »Inklings« heißt es »Shakespeare, one realizes, had the supreme misfortune not to be an inkling.« (S 158 f.)
Seine Analysen zu NARNIA sind treffsicher. So schreibt er über Lewis’ NARNIA, dass die »penetration« zwischen den Welten Narnia und der Erde »began with his parents’ marriage, and this is made clear at the end of the series, even if one rejects any Freudian explanation for its beginning.« (S. 228)

Fazit: Ein schönes Buch, das einen auch nachdenklich und traurig macht. Aber ich habe es gerne gelesen.