Abenteuer heute

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Gewalt als Grundsatz: "Abenteuer Heute"?
Auf dem 252-Con (FRON II) in St. Ignatius/Frankfurt wurde ich von der Vereinsleitung gebeten, an einem Rollenspiel nach dem "Abenteuer Heute"-Regelwerk teilzunehmen und einen kurzen Bericht darüber zu schreiben.
Das Spiel begann ziemlich übel: Die Spielleiter (inklusive der reinen Figurenausarbeiter drei Nasen), übrigens gleichzeitig das Autorenteam dieses Regelwerks, waren eigentlich ganz normal anzusehen - sah man vom Spielleiter in Army-Kluft, US-Navy T-Shirt (Motiv Totenkopf mit Stahlhelm und Text "Face U.S. Marine - Face Death") und -hose ab. Allein dies sollte mich jedoch nicht abschrecken.
Icn zog mir die Charakterausarbeitung rein. Zitat des "Betreuers": "Bei uns gibt es keine schlechten Charaktere - zumindest nicht lange!" Die Mechanik des Charakterausarbeitens wird durch strikte Anweisungen total verlangweilt, und auch das Auswürfeln des Charakters ist öde. Durch das Hochsteigern niedriger Werte im System (bei jeder Figur und allen unterdurchschnittlichen Werten) entstehen auf jeden Fall Supermenschen.
So erwürfelte ich in einem 10W20er-System die Werte 20, 10, 13, 16, 13, 14, 17 16, 2 (nach der Modifikation). Damit hatte ich die schlechteste Figur. Dann suchte ich mir von den 5 Charakterklassen (Schnüffler, Glücksritter, Abenteurer, Kämpfer und Experte) den Kämpfer aus - ich wollte ja richtig testen. Henning, mein Mit-Tester vom "252", wurde Schnüffler. Ich bekam Schadens- und Trefferpunktebonus, einen Kampfinstinktwert, Initative, Geschwindigkeit, mitführbares Gewicht und Fähigkeiten (lautloses Bewegen, Survival, Waffenschmiede, Sprengmittel, Messer, Beobachten, Judo, Schnellziehen, Armbrust, Verkleiden, Deutsch, Chemie und Pilot) durch das Opfer einiger Attributspunkte (siehe oben - mein Aussehen lag danach bei 2) erhielt ich auch noch die Fähigkeit Beidhändigkeit. Ich konnte machen, was ich wollte: Es waren nur Killerfertigkeiten vorgesehen, und die wurden voll verteilt bzw. ausgesucht (obwohl die Wahlmöglichkeiten alle fast gleich schlimm waren).
Dann Ausrüstung (unter anderem ein paar Stangen Dynamit). Die Waffengesetze waren nämlich - laut Regeln - entschärft worden, damit jeder seine gewünschete Waffe mitschleppen kann.
Die Illus im Regelsystem zeigen fast nur Kampfszenen, seitenlang sogar nur Waffen. Die Regeln sind noch dazu unlogisch: Diskussionen, Verhöre etc. werden (laut Spielleiter) durch Rollenspielen durchgeführt (also ohne Anwendungswurf für eine Fertigkeit) - wozu gibt es dann den Wert Intelligenz am Anfang? Durch endloses Modifizieren der Attributspunkte wird ein Überwesen erzeugt - bis hin zum waffenstarrenden Homo Superior.
Dann bekamen wir unseren Auftrag von einer Detektei - jeder wurde einzeln angeworben, denn (Spielleiterzitat) "Ich mache mit jedem das Geld einzeln, dann ärgern die anderen sich, wenn sie weniger Geld haben." Da kommt Gruppengefühl auf.
Nunja, wir sollten eine undichte Stelle bei der Deutschen Bank aufstöbern - laut DB-Auftrag hatten wir das Recht, den Schuldigen zu töten - Hauptsache, es kommt kein Geld mehr weg.
Ich zitiere aus der Peronalakte eines Vedächtigen: "Freundeskreis Weltverbesserer (evtl. sogar Grüne)". Für mich höchste Zeit, das Spiel zu beenden. Henning und ich überredeten ein paar andere Spieler, mit uns die DB zu sprengen. Was soll ich sagen - es mißlang. Ich starb (Helikopter über der DB fliegend) durch eine gezielte Savle in den Unterleib. Fein, nicht?
Fazit: Dieses Spiel ist nicht nur übelst gewaltverherrlichend (Brutalität ist einer der Hauptinhalte des Spieles), sondern es ist unlogisch (der Helikoper flog einfach ein paar Minuten friedlich an Frankfurts heiterem Himmel, und plötzlich werden aus diesem die tödlichen Schüsse abgefeuert) und abwechslungslos (immer nur GSG 9-Aufträge ödet doch irgendwann an, oder?).
"Abenteuer heute" hat gegen ausgereifte Systeme wie "Call of Cthulhu" (das ja ohne Probleme auch in der Gegenart gespielt werden kann) oder "Traveller" keine Chance. Außerdem sind die paar Seiten mit den vielen Druckfehlern vollkommen überteuert. Nicht kaufen, da Schund.