Darmstadt - Zentrum der Anti-Esoterik

Aus hermannritter.de
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In Darmstadt gibt es eine "Arbeitsgemeinschaft Neue Streitkultur". Von der hatte ich noch nie etwas gehört, bis sie vor einigen Wochen mit einem Schlag vor die Öffentlichkeit traten. Der Auslöser waren ein Seminar und ein "Goldabend" von Paul Esch, dem "Wunder-Pastor aus Amerika", in von der "Buchhandlung Schirner" (ehemals "Neue Welt Buchhandlung") verwalteten Räumlichkeiten.
Übersetzt und moderiert wurden die Veranstaltungen von Trutz Hardo. Esch selbst wollte an diesem Abend (für 60,- DM pro Teilnehmer) u.a. Amalgamplomben in Gold verwandeln. Man mag jetzt darüber denken, was man will. Für mich ist der härteste Vorwurf, der mir einfällt, nur der der Eulenspiegelei. Wer dafür Geld ausgeben will - okay. Jeder wußte vorher, was ihn erwartet.
Doch Darmstadts Grüne haben alle gute Zähne und brauchen Eschs Veranstaltung nicht. Sie stellen Strafanzeige wegen "Volksverhetzung" gegen Eschs Übersetzer Hardo. Die dazu führenden Argumente wurden u.a. in einem Vortrag von Jutta Ditfurth im Darmstädter Frauenkulturzentrum über die "Formen der Verblödung" in der Esoterik dargestellt. Fassen wir es kurz: "Esoterik entsolidarisiert und entpolitisiert".
Der zweite Vorwurf ist bitterer. Der "Reinkarnationstherapeut" Trutz Hardo alias Tom Hockemeyer habe in seinem "Farbroman" "Jedem das Seine" den Holocaust gerechtfertigt. So sagt Hardo wirklich in einem Interview: "Viele Menschen hatten sich für ihr erneutes Erdenleben (...) eine Reinkarnation als Jude ausgesucht, um ihren karmischen Ausgleich vor Beginn des Wassermannzeitalters zu bewirken." Einverstanden, das ist mindestens ein dummer Kommentar. Wenn es einem Autor nicht gelingt, seine Ansichten über Karma und Reinkarnation bei einem Thema wie dem Holocaust unmißverständlich zu formulieren, dann ist sein Buch zumindest schlecht. Ob es faschistisch ist - ich weiß es nicht, denn ich habe es nicht gelesen. Die meisten der Gegner Hardos auch nicht. Und ab einem bestimmen Punkt ging es auch nicht mehr darum, sich inhaltlich auseinanderzusetzen. Es ging um Kampf gegen die bösen Faschisten in Darmstadt. Und das sind nun mal die Esoteriker.
Und die Antifa ist schnell. Und so ruft man für den 27.11. - dem Tag der beiden Veranstaltungen - zu einer Demo in Darmstadts Innenstadt auf und nennt das ganze "die erste bundesdeutsche Demonstration gegen Esoterik". Es erscheinen ca. 100 Leute (laut Presse waren es doppelt so viele), und nach zwei Reden von Darmstädter Antifas redet Jutta Ditfurth. Ein Redezitat muß langen: "Diese neue Welt [gemeint ist der Buchladen HR] ist eine widerwärtige, okkulte, menschenverachtende, antisemitische Welt. Wer hier Edelsteine kauft, Lebenshilfeschrott, Tarotkarten, muß ab jetzt wissen, daß er Antihumanisten und Antisemiten finanziert." Aha!
Doch man wirft nicht nur Dreck, man erhebt auch zentrale Vorwürfe gegen die New-Age-Bewegung. Esoterik verlangt blinden Glauben (Führerkult), man verliert seine Eigenständigkeit, Esoterik führt zu Rassismus und Antisemitismus, Esoterik und Faschismus sind zwar nicht dasselbe, haben aber gleichlautende Ziele. Karma und Reinkarnation widersprechen der Aufklärung. Und überhaupt geht es nicht nur um Hardo und Esch, sondern auch um den leidigen Jan van Helsing mit seinen "Geheimgesellschaften", Besant, Cayce, Blavatsky, McCloud usw.
Schlimm vom intellektuellen Standpunkt war das nicht. Die Thesen der Antifa sind widersprüchlich, schlecht durchdacht und eher dazu gedacht, zu politisieren als zu erklären. Schlimm war, daß auf einmal vor dem Esoterik-Laden "Mahnkerzen" für die vergasten Juden brannten. Schlimm war, daß mit einem Plakat "Faschismus und Esoterik - Hand in Hand" über zwei Stunden ein Laden blockiert wurde. Schlimm war, daß ohne vernünftige Recherche Vorwürfe in die Welt gesetzt wurden, die man eigentlich nicht aufrechterhalten kann. Und schlimm war, daß diejenigen, die sich eigentlich Aufklärung auf die Fahnen geschrieben haben, die Aufklärung verraten haben.