Die dunklen Gassen des Himmels

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Tad Williams
DIE DUNKLEN GASSEN DES HIMMELS
BOBBY DOLLAR 1
THE DIRTY STREETS OF HEAVEN (2012)
Ü: Cornelia Holfelder-von der Tann
Klett-Cotta, 2012
572 Seiten

Irgendwie gibt es da Agenten oder Anwälte oder Vertreter, die auf beiden Seiten (Licht wie Dunkelheit, Himmel wie Hölle) im Falle eines Versterbens die Verteidigung/Vertretung einer Seite übernehmen, um dafür zu sorgen, dass die Seele ordentlich verwaltet in Himmel oder Hölle landet: "Okay, bei einem Schutzengel pro lebendem Menschen sind das also schon mal sieben Milliarden Schutzengel gleichzeitig. (…) Wir Anwaltsengel sind nicht ganz so viele. Sam, Monica, ich und die anderen machen je etwa fünf Todesfälle die Woche, ergibt also rund 250 pro Engel und Jahr. Bei jährlich ca. fünfzig Millionen Todesfällen weltweit wäre das Arbeit für etwa 200 000 Anwälte oder Verteidiger (…)." (S. 55)
Und dann gibt es eine verschwundene Seele, Hinweise auf einen "Dritten Weg" zwischen Himmel und Hölle und viel ausgewalzte Langeweile über Religion und den Aufbau des Himmels und die Erreichbarkeit oder Nicht-Erreichbarkeit von Gott.
Wo der Roman lakonisch sein will oder einfach nur versucht, wie ein "hard boiled"-Detektivroman daher zu kommen, ist er einfach nur langweilig. Wo er Spannung erwarten lässt, streckt sich die Handlung wie ein bald ausgekauter Kaugummi über 500+ Seiten, die dann auch noch der erste Teil einer Trilogie sind.
Eigentlich ist er gut gemeint (das macht es ja so schwierig, ihn zu verreißen). Der Roman spart nicht an Bezügen. Da wird immer wieder der Spitzname "Clarence" samt einigen Szenen (Glöckchen bei der Engelwerdung) verwendet, eine Anspielung auf den Spielfilm "Ist das Leben nicht schön?" von 1946. Aber viele Anspielungen bleiben unverständlich oder so amerikanisch, dass sie keinen Spaß machen ("Sweetheart hatte die Statur eines NFL-Defensive-Tackles, ist aber so tuntig wie eine brasilianische Seifenoper […]", S. 44). Und irgendwann ist das dann einfach nicht mehr lustig. Und man überblättert die Seiten ab 200, um am Ende noch einmal zu versuchen, in eine Art von Spannung hineinzugeraten. Es gelingt nicht.