Eiertänze und andere Eseleien

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Schlaraffen hört!

Die Vermenschlichung, die sogenannte Anthromorphisierung von Tieren mit menschlichen Charakterzügen hat eine lange Tradition. Wir können uns von einem Weltbild nicht frei machen, das göttlichen Emanationen oder Effekten der Natur Attribute zuspricht, die das Wirken jener Mächte für uns nachvollziehbar machen – oder zumindest dafür sorgen, dass wir der Meinung sind, wir wären in der Lage, mit Hilfe von Verhaltensregeln eine Wechselwirkung zu den hohen Mächten einzugehen.
Anders ist es nicht zu erklären, dass wir die drei Thronsassen immer wieder wie normale Sterbliche behandeln wollen. Es macht sie für uns verständlicher, wenn wir mit Floskeln wie "Der Thron hat heute wieder so weitsichtig fungiert wie ein Grottenolm", "Was machen drei Robben abends, wenn sie sich langweilen? Sie gehen fungieren!" oder "Ein Papagei kann sich 20 Worte merken, ein Thronsasse 19" ihnen Züge von Wesenheiten geben, die wir kennen.
Schwieriger wird es, wenn das Sippungsthema frugale Hinweise enthält – Feld, Wald und Wiese locken mit Bezügen zu Rübezahl und dem Versuch, eine Zählung seiner rübalen (oder heißt es rübigen) Ansassen zu versuchen.
Noch schwieriger sind Sippungsthemen wie heute, die durch das thematisierte Ei doppelt dafür sorgen, dass der Fexer in die Wortspielhölle kommt. Möchte er doch weder Thronsassenwitze machen, weil diese sich viel zu oft von selbst aufdrängen, noch darüber reden müssen, dass ein Ei nicht aus sich selbst heraus Ei wird, sondern Handlungen voraussetzt, bei deren Schilderung der Uhu verhängt werden müsste.
Der einzige Ausweg ist hier der Umweg über den Eiertanz, der in den frühen Fassungen der "Ceremoniale" noch enthalten war und in Praga und Berolina mehrfach durchgeführt wurde, bis das Conzil zu Londinium ihn wegen der hohen Verletzungsgefahr strich. Doch die wenigen verbliebenen, kolorierten Fotografien aus den Gründerjahren der "Schlaraffia" fangen ein wenig von dem Zauber ein, den das Herumtollen der Sassen mit ihren bunt gemusterten Kummerbündern, das Kopf an Kopf oder Knie an Knie – Anstoßen (das sogenannte Ditschen) mit dem Ziel, den anderen zum Lachen zu bringen. Herrlichkeit Rt. Proteus Anguinus verletzte seinen Ditsch-Partner, den Rt. Uria aalge des hohen Reyches Francogurkha, durch seine 34 Bronzeahnen am Helm so sehr, dass dieser in sofortige ärztliche Behandlung musste, was nach Nennung des Grundes für die Einweisung – "Der Proteus hat mir mit seinen Ahnen gegen den Kopf geschlagen" – auch zu unschönen polizeilichen Ermittlungen führte.
Schade, denn diese schöne, schlaraffische Tradition sind wie der Bangk, das aharmonische Sackhüpfen oder das in ranzigem Pommes-Fett-Braten für Ritter ohne Rittermantel etwas aus der Mode gekommen.
"Sic transit gloria ovum." Oder wie jene sagen, die nicht wie ich im Latein genauso zuhause sind wie im tiefen Inneren von aktiven Vulkanen: So vergeht der Ruhm des Eies.

Lulu!