Ich – Rodolfo – Magier

Aus hermannritter.de
Wechseln zu: Navigation, Suche

Otto F. Beer
"Ich – Rodolfo – Magier"
Wien, Hamburg, 1978

"Ich – Rodolfo – Magier" von Otto F. Beer ist bis jetzt an mir vorbeigegangen. Ein Wühltisch und ein "Zufall" haben es möglich gemacht, dass ich den im Paul Zsolnay-Verlag erschienenen Hardcover günstig erstehen konnte (damals erschienen in der wohlfeilen Reihe "Die phantastischen Romane", herausgegeben von Phantastik-Fachmann Franz Rottensteiner).
Inhaltlich geht es um einen Varieté-Zauberer, der sein Leben vom Ende der 20er Jahre in Österreich über den Kriegsausbruch (den er in Italien erlebt) bis in die späten 70er-Jahre beschreibt. So findet sich der Vater, der sich von der Familie abwendet, aber im SS-Ahnenerbe einsteigt. Dann kommt der Krieg, eine Internierung in Frankreich, später der Kontakt nach Amerika und eine Verabredung mit John F. Kennedy.
Nun ist Rodolfo aber nicht nur ein Kartenzauberer, sondern er kann wirklich Magie – anfangs schafft er es nur, kleine Gegenstände verschwinden und wieder auftauchen zu lassen. Später marschiert er durch Wände, bewegt Gegenstände mit der Kraft seiner Gedanken und kann ein wenig die Zukunft vorhersagen. Gerade diese Aussage gegenüber Präsident Kennedy macht eine Einflussnahme auf die Weltpolitik unmöglich – denn das Attentat auf Kennedy in Dallas sieht er nicht vorher.
Rodolfo hat schöne Frauen, Affären, Ehen, aber keine Kinder. Er ist in Hollywood, in Wien, in Nizza und an den Stätten der Schönen und Reichen. Sein Leben wird aber immer von einer zweiten, magischen Ebene durchdrungen – wunderschön seine Anwesenheit in einem Treffen von Pseudo-Esoterikern in den frühen 60ern. Witzig, ohne verletzend zu werden, und dazu großartig erzählt.
Am Ende wird einiges klar und unklar. Für mich als Leser stellen sich eigenartige Fragen: Ist er wirklich tot? War er vielleicht schon immer der unsterbliche Graf von St. Germain, der nur mal wieder in eine menschliche Hülle schlüpft?

Man legt das Buch während des Lesens nicht weg, aber am Ende ist man begeistert, wenn man durch ist. Mit solchen Werken kann der Winter kommen.