Linksextremer Lichtalbe sucht glutenfreien Gnom

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Wo zum Dings liegt Lichtalbenheim oder: Linksextremer Lichtalbe sucht glutenfreien Gnom zum veganen, heterosexuellen Kochen am ökologischen Lagerfeuer

Vorbemerkung
Von der gewählten Form für meinen Text her fühle ich mich völlig im Kielwasser des metaphorischen Eldaring-Langboots. Immerhin schreibt der Oertel in "Asatru – Die Rückkehr der Götter", eine fremde Sicht zu Loki reflektierend, folgendes:
"Er [d.i. Gurevich] argumentiert, dass eine der stärksten und frühesten Charakteristiken traditioneller Religionen die Fähigkeit zur Einbindung des Humors in zutiefst ernsthafte Heiligkeit ist, die es sogar erlaubt, über die Götter und Götter zu lachen."[1]
Oder für den, der eher mit der "Edda" argumentiert und nur glücklich ist, wenn man Quellen zitiert, zwei Zeilen aus dem "Alten Sittengedicht" (Teil der "Verhaltensregeln"):
"Witz braucht, wer weithin zieht:
Daheim behilft man sich!"[2]
Dem schließe ich mich vorbehaltlos an.

Einführung
Der Titel soll die Dimensionen dieses Textes über Lichtalbenheim hervorheben, welche sowohl politische wie auch sexuelle Ansichten berühren, außerdem etwas zu Ernährungsgewohnheiten sagen, den Umweltschutz thematisieren und noch fremde Lebewesen integrieren, um jeden Vorwurf des Inter-Spezies-Rassismus oder Exter-Spezies-Rassismus gleich im Vorhinein zu entkräften.
Dabei möchte ich nicht mit Fakten überfrachten, sondern unterhalten. Ich denke unaufgefordert über Fragen nach, die sich wenige vor mir gestellt haben (und wahrscheinlich noch weniger nach mir stellen werden).
Seien wir doch einmal ehrlich zu uns selbst: Wer mag schon Riesen, wer möchte an der Bar alles über die sexuellen Präferenzen des Nachbarn erfahren und wer will den Umweltschutz Tag und Nacht thematisieren? Es gibt diesen schönen Witz über Veganer: "Woran erkennt man einen Veganer? Er wird es dir erklären." Ähnlich ist das Verhalten von Heiden, die von ihren Ansichten überzeugt sind und aus denen Worte wie aus einem Füllhorn herausquellen, ohne dass der Zuhörende um sein auch nur kongruent gegebenes Zugeständnis des Zuhörens gebeten wird.
Zurück zu den am Anfang genannten Fragen zu Querschnittsaufgaben. Das Problem solcher Fragen ist, dass sie Querschnitte abbilden, mehr nicht. Es ist so, als würde man in einer siebeneckgien Halle ein dampfbetriebenes, automatisches Jahrmarktsorchester mit Retro-Robotern aufbauen, die in der selben instrumentalen Besetzung wie die "Beatles" (Bass, Gitarre, Gitarre, Schlagzeug) "Gimme gimme gimme a man after midnight" von "ABBA" spielen. Dann verdunkelt man die Halle und öffnet an jeder möglichen Seite der Halle ein Fenster bzw. einen Durchgang. Die Halle hat also neun Seiten, und in jeder ist eine Öffnung. Die Halle ist dunkel. Wir suchen uns neun Beobachter aus, die jeder Ohrstöpsel und Ohrschützer erhalten, so dass sie ganz sicher nichts hören können, und zusätzlich jeweils eine Taschenlampe. Dann lassen wir sie nacheinander jeweils an eine andere Luke, sie dürfen drei Sekunden in die Halle leuchten und müssen dann die Luke wieder schließen. Nachher werden alle neun Taschenlampenträger, die sich selbstverständlich vorher nicht unterhalten durften, in einen Besprechungsraum gerufen. Dann fragt der Moderator, wie ihnen "ABBA" gefallen hat. Das Ergebnis ist großes Unverständnis. Das Lied von "ABBA" ist in diesem Fall die gesungene "Edda", der Mann an Taschenlampe 5 ist Veganer.
Wir befinden uns metaphorisch nur in einem eingehaselten Hain in einem eingehaselten Hain. Wir diskutieren inner-kosmologische Zusammenhänge eines von mir etwas spitz Edda-Versums genannten Raumes immer so, als wäre die "Edda" eine Art Reiseführer "Per Anhalter durch die 9 Welten". Das ist zum einen der Sicht vieler nordischer Heiden auf Snorri Sturluson geschuldet, den man immer wieder durch eigenes Handeln zu etwas verkommen lässt, was mich darauf warten lässt, dass in den Innenstädten endlich "Zeugen Snorris" mit farbigen Broschüren auftauchen. Ein heidnischer, auf die "Edda" gegründeter Alleinvertretungsanspruch, den ich weder nachvollziehen noch unterstützen kann. Snorri war ein Mensch von Midgard, der aus der Sicht einiger Asen das Schicksal von neun Welten beschreibt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Selbst wenn wir uns auf die eine Quelle komplett einlassen – die Wegbeschreibungen, die man in der "Edda" findet, sind verwirrend. Zu Zahl und Lage der Welten sind die Angaben widersprüchlich. Von der Übersetzung wollen wir nicht anfangen – oder wie soll man folgende Verse aus dem "Grimnirlied" ("Grimnismal") für eine Reiseplanung benutzen?
"Drei Wurzeln gehen nach drei Seiten
von der Eiche Yggdrasil;
Hel wohnt unter einer, unter der anderen die Reisthursen,
unter der dritten der Degen Volk."[3]
Böse Stimmen fragen sich jetzt, ob neben der Degen Volk der Schwerter Jungs und der Rapiere Rotte haust – von den Reis-, Mais- und Roggenthursen ganz zu schweigen.

Lichtalbenheim
Schon zu Beginn der Beschäftigung mit Lichtalbenheim stellen sich einige Fragen:
Wo mag die Welt liegen?
Wie kommen wir dorthin?
Wie sieht es dort aus?
Wie kommen wir von dort wieder heim?
Viele Trance-Reisende oder mit Fremdwelten-Symbolen tätowierte Weltenwechsler haben keine dieser Fragen gestellt, bevor sie aufbrachen – ganz im Gegenteil zu Touristen, welche diese Frage stellen, bevor sie eine Kreuzfahrt buchen. In heidnischen Fall wirkt es so, als ob die Gäste pauschal buchen und alle Gefahren in Kauf nehmen. Trotzdem ist man ja neugierig, wo man hinkommt. Und sei es nur, um durch das Erlernen der Landessprache vorher schon Bedingungen zu schaffen, die einem helfen, nachher in der albischen Sklaverei eine erfüllende Tätigkeit zu erhalten.
Beginnen wir mit einer einfachen Information: Lichtalbenheim ist nicht gleich Albenheim. In "Das Grimnirlied" ("Grimnismal") heißt es:
"Das Land ist heilig, das ich liegen seh
Den Asen und Alben nah;
Albenheim gaben die Asen Freyr
vor Zeiten als Zahngeschenk."[4]
Wann kriegt man denn Zahngeschenke? Wenn die Zahnfee (Achtung! Albischer Zusammenhang!) ins Rennen kommt. Hierzu etwas Hintergrundwissen:
"Das Milchgebiss ist das einzige Organ, das der Mensch komplett einmalig erneuert und ersetzt. Für die Entwicklung ist ein temporäres Gebiss wichtig, da im kleinen Kiefer eines Babys oder Kleinkindes nicht viel Platz vorhanden ist. Durch das Kieferwachstum rücken die Milchzähne auseinander und es entsteht ein lückig aussehendes Gebiss. Das Milchgebiss wird nach und nach durch das bleibende Gebiss ersetzt. Dessen Zähne sind größer und breiter, so dass wieder eine homogene, geschlossene Zahnreihe entsteht.
Bei einem Kind besteht das Milchgebiss aus 20 Zähnen, und zwar fünf Zähnen pro Quadrant: dem mittleren und dem seitlichen Schneidezahn, dem Eckzahn sowie dem ersten und zweiten Milchmahlzahn."[5]
Wieder was gelernt – aber wenn jeder Gott 20 Milchzähne hat, dann … und rein zeitlich passt das nicht in die Geschichte – wenn Albenheim Freyr als Kind (beim Zahnen) geschenkt wurde, dann spielt das lange vor der Zeit eines erwachsenen Freyr. Wo haben die Alben gewohnt, während Albenheim noch keinem gehörte – und wie konnte die Asen eine Welt verschenken, die ihnen nicht gehörte? Sagen wir mal: es gab eine indigene Bevölkerung. Und die wird es nicht lustig gefunden haben, wenn ihre Heimat verschenkt wird für einen Zahn. Wenn endlich ein heidnischer Schauspieler einen Oscar ablehnt, um für die Rechte der indigenen Alben einzutreten … nein, die restliche Überlieferung spricht gegen entrechtete Alben, die auf geschenkten bunten Decken sitzend in Midgard Perlenketten verkaufen und in Innenstädten für Geld zur Musik der Nasenflöte tanzen.
Versuchen wir eine andere Lösung: Albenheim ist das Geschenk der Asen an Freyr, aber es ist den Alben nah, nicht in deren Reich – und auch irgendwo außerhalb von Asgard gelegen. Wahrscheinlich eine Art Randbezirk ohne politische Zuordnung … Oertel schreibt dazu:
"Freyers Reich Alfheim wird zwar auch [im »Grimnismal«, HR] genannt, aber nicht mitgezählt, wohl weil es eine ganz andere Welt für sich ist (sie aber auf Grund der Tatsache, dass sich Asen und Alfen/Alben sehr nahe stehen, auch als innerhalb der heiligen Götterwelt gelegen angenommen wird)."[6]
Auch Thrudheim wird ähnlich verortet. Heißt es doch im "Grimnismal" ebenso:
"Heilig ist das Land, das ich liegen sehe,
Den Asen nah und Alben.
Dort in Thrudheim soll Thor wohnen,
Bis die Götter vergehen."[7]
Für Thrudheim gilt dasselbe wie für Albenheim – es ist den Asen und Alben nahe, aber weder in/auf Asgard noch in/auf Lichtalbenheim. Das ist aber schon alles, was wir über Lichtalbenheim erfahren – nämlich, welche Burgen dort nicht liegen.
Aber irgendwann kehrt Lichtalbenheim in die Wahrnehmung der Wesen zurück, denn am Ende der Zeit teilt es das Schicksal Asgards.[8] Horrido!
Und mal ehrlich: Würden wir an Seite der Asen kämpfen, wenn man Midgard gegen einen Milchzahn getauscht hätte?

Exkurs: Fantasy-Alben
Es gibt so etwas wie eine Alben – oder eher: Elben – Invasion in den letzten fünfzig Jahren, was die "populäre Literatur" betrifft. Während vor 100 Jahren die (angeblich echten) Fotos der "Cottingley Fairies" noch ausreichten, um "Sherlock Holmes"-Autor Arthur Conan Doyle zu blamieren, so sind Elfen/Elben heute nicht mehr aus der modernen Ikonografie wegzudenken – und die Blamage-Wahrscheinlichkeit ist heute kleiner, weil man alles auf die Bildbearbeitung schieben kann.
Im Oertel heißt es nicht zu Unrecht:
"Es ist fast ausschließlich der Beliebtheit von Tolkiens Werk zu verdanken, dass sich in dessen Nachfolge ein explosionsartiges Interesse an Fantasy-Stoffen entwickeln konnte, eine Gattung, die sich archetypischer Merkmale von Magie, der Heldenfahrten und Wesenheiten jenseits menschlicher Natur oder der des beschränkten, abrahamitischen Pantheons bedient."[9]
Die Fantasy liefert mit ihren Beschreibungen eine Parallelüberlieferung, die mit ihrer Bildflut unsere Wahrnehmung verklebt und dafür sorgt, dass uns diese Bilder "präsenter" sind als die "Edda"-Schilderungen oder der Sagenschatz. Die Entwicklung geht inzwischen ein wenig "full circle", wenn man sich anschaut, dass mit Bringsvaerd und Gaiman zwei Fantasy-Autoren die "Edda" nacherzählen – ersterer schon 1996 mit "Die wilden Götter. Sagenhaftes aus dem hohen Norden" (deutsch 2001), zweiter 2017 mit "Nordische Mythen und Sagen" (deutsch 2017).
Wir müssen also bei einer aktuellen Darstellung subtrahieren – überlegen, was wir am Alben-Bild aus modernen und wahrscheinlich nicht-nordischen Bildern unsere Wahrnehmung überlappen lassen. Aber wir müssen auch zulassen, dass im weiten Bogen über die Fantasy wieder nordische Elben-Bilder in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, die sehr wohl in den Kontext des "Edda"-versums passen. Und: Ich ignoriere willentlich William Shakespeare, Tolkiens Gesamtwerk und Richard Wagner, selbst wenn dazu manchmal eine starke Selbstkontrolle gehört.

Die "echten" Alben
Beginnen wir als thematischer Einstieg mit einer eddischen Grundaussage über die Alben aus "Hrafnagaldr Odins" ("Odins Rabenzauber"):
"Allvater waltet, Alben verstehen,
Wanen wissen, Nornen weisen,
Iwidie zeugt, Alden gebären,
Thursen trachten, Walküren sehnen sich."[10]
Alben verstehen. Irgendwie entgeht einem dieser Aspekt, wenn man sich mit den Alben beschäftigt. Was verstehen die Alben – während andere wissen? Ist Verständnis tiefer oder anders als Wissen? Es hat etwas mit Verstand zu tun, soviel verstehe auch ich – aber weitergehende Erkenntnisse kann man so nicht gewinnen.
Es gibt einen einzigen Albennamen in der "Edda", nämlich Dainn. Das ist gleichzeitig auch ein Zwergenname und bedeutet auf altnordisch "gestorben".[11] Das hilft wenig weiter, wirkt eher wie eine Beschreibung, denn wie ein Eigenname ("der ist für mich gestorben" wäre hier als Redewendung zitierbar).
Trinken wir aus ein paar der Quellen, die uns zur Verfügung stehen. Grimm schreibt:
"Über die natur der elbe ziehe ich vor allen andern die altn. Quellen zu rath es ist schon (…) angemerkt, dass die ältere Edda verschiedentlich aesir und alfar zusammenstellt (…). Hierdurch scheint den elben nähere göttlichkeit als den menschen eingeräumt (…)."[12]
Schon Schütte hat vor fast 100 Jahren die Herkunft aus dem Begriffen "weiß" bzw. "Schwan" abgeleitet. Er sieht Ähnlichkeiten zu Frau Holle und dem "verhohlenen Volk".[13] Bei Schütte heißt es:
"Gewisse Erscheinungen der physischen Natur tragen zur Erzeugung der elfischen Geister bei. Wenn die Abendnebel aus dem Moore emporsteigen und um den Fuß des Grabhügels wirbeln, heißt es in dänischer Ausdrucksweise, dass »die Moorfrau bräut«, oder dass »die Elfenmädchen tanzen«. Zur Mitternachtsstunde erhebt sich der Grabhügel, von vier glühenden Pfeilern getragen und in der Mitte des tanzenden Hügelvolks zeigt sich der Erlkönig (…).
Wegfahrer, welche gezwungen oder freiwillig am Tanze teilnehmen, verlieren das Gedächtnis oder werden totkrank, wenn sie nicht etwa durch Bekreuzen oder durch rechtzeitiges Krähen des Hahns gerettet werden. Fall sie nicht sterben, bleiben sie ihr Leben lang »berggenommen«, »elfengeschossen« oder »elfwild«."[14]
Ja, der "Erlkönig" ist eine Fehlübersetzung eines Namens des Elfenkönigs.[15]
Nun wird es noch wirrer. Nach Oertel ist der Begriff des Alben mehrdeutig:
"Der Begriff Albe oder Alf (…) wird für viele Arten von Wesen gebraucht. Es gibt nicht nur Lichtalben, Dunkelalben (Hügelalben) und Schwarzalben, wie Grimm sie aus der deutschen Überlieferung und den skandinavischen Quellen herausgeschält hat, sondern auch noch verschiedenste Arten von Landgeistern (Waldalben, Bergalben, Feldalben, Wasseralben und Meeralben). Zur Begriffsverwirrung trägt weiterhin oftmals bei, dass der altenglische Begriff elf (…) einer Verwechslung mit dem deutschen Wort »Elfen« Vorschub leistet (die im Englisch wiederum fairies heißen) (…). Im Ásatrú bezeichnen wir aber normalerweise nur Licht- und Dunkelalben als Alben, während die Schwarzalben als Zwerge und die übrigen als Landgeister bezeichnet werden."[16]
Simek schreibt:
"Alben (…) sind eine Gattung mythologische Wesen. Sie werden in den Eddas des Öfteren zusammen mit den Asen erwähnt (…). Zweifellos standen die A. (oder ein Teil der unter diesem mehrschichtigen Begriff zusammengefassten Wesen) tatsächlich den Asen nahe. Es sind uns vereinzelt Angaben überliefert, die sogar von einem Kult oder zumindest einem Kult an die A. sprechen, dem alfablot."[17]
Später heißt es dort:
"Snorri nennt ebenfalls seine Gruppe der Lichtalben schöner als die Sonne, und die altengl. Dichtung verwendet aelfsciene »albenschön« für »wunderschön«. Hierher gehört wohl auch die mehrfach belegte Kenning alfrodull »Albenrad« für »Sonne«."[18]
Bei GardenStone klingt das mehr nach Fantasy – wobei er den Bezug selbst zugibt:[19]
"Elfen werden geboren, altern und sterben wie die Menschen, haben aber eine viel längere Lebensdauer, sie können so alt werden wie ein alter Wald, wie die ältesten Bäume. Sie sind organisiert in Reichen und haben auch Könige, einer der bekanntesten ist König Alberich. Sie können in Gruppen zusammen sein und arbeiten, lieben Tanz und Spiel und sind gut bewandert in Zauberei."[20]
GardenStone – wohl auf Schüttes "Dänisches Heidentum" Bezug nehmend[21] – verweist auf den anderen Namen für Elfen/Alben, nämlich "Mare".[22] Dies schließt einen Kreis über Nachtmahr, englisch "nightmare", zum deutschen Alptraum/Albtraum.
Simek unterstellt Snorri Sturluson eine Identifikation von Dunkel- und Lichtalben mit Dämonen beziehungsweise Engeln.[23] Dies kann ich den Quellen nicht entnehmen.
Ich spare mir jetzt an dieser Stelle eine längere Diskussion über albern, Alberich, Albträume, Albert Einstein, Fotoalben und Albinos.
Die aus dem oben stehende folgende Festlegung ist eindeutig: Es gibt nur eine Albenwelt, wir nennen sie Lichtalbenheim. Bei Schwarzalbenheim handelt es sich um die Welt der Zwerge. Die Alben sind ein Stamm, ein Volk, eine Rasse für sich.
Um im Korridor der gemeinsamen Anschauung zu bleiben, folgen wir wieder dem Oertel:
"Das Wort »Albe« leitet sich höchstwahrscheinlich von einer Wurzel mit der Bedeutung »weiß« ab – daran eingeschlossen die verschiedenen Nebenbedeutungen wie »glänzend« (…) und »weiße Nebelform«."[24]
Man mache jetzt nicht den Fehler, hier "weiß" als Hautfarbe zu lesen – ich bleibe bei einer Deutung, die sich zwischen "glänzend" und "Nebel" bewegt. Wir ignorieren dabei Nebenwege, die zu größerer Verwirrung führen. So stammen die Alben – folgt man dem "Beowulf"[25] – von Kain ab. Wie auch die Orks und die Riesen, wenn man dem "Beowulf" glaubt. Kain, Adams Sohn, Mörder seines Bruders Abel, ist laut der Bibel nicht nur der Vater von Henoch, sondern nach anderen (zum Teil völlig abstrusen) Quellen Urahne der Vampire. Keine schöne Familie.
Die Christianisierung veränderte die Sicht auf die Alben deutlich. Oertel spricht von einer "Art Parallelgesellschaft zu der menschlichen Welt"[26], in welche die Alben verdrängt wurden. Viele Märchen tradieren diese Ansicht. All jene Reisen, die in einem Berg zu Verwirrung führten, sind den Alben zugeordnet.[27] Ob in diesen Themenkreis die "entrückten Herrscher" gehören, ist diskutabel: die Diskussion um Tannhäuser und Barbarossa gehört an einen anderen Ort.
Dass diese Märchen oft mit Zeit-Unterschieden einhergehen, lässt Platz für eine längere Untersuchung. Vielleicht wäre dies der Hebel, mit der man die Kiste öffnen kann, in der die Karte liegt, in der die Entfernungen und Reisezeiten zwischen den einzelnen Welten geregelt sind.
Der in diversen Quellen beschriebene Zusammenhang zwischen Alben und Gelenkkrankheiten wird hier hingegen nicht näher vertieft[28], um dem Publikum keinen Ansatz zu liefern, über meine Gelenkkrankheit Morbus Bechterew als albischen Fluch zu diskutieren.
Trotzdem bleibt das albische Wesen voller offener Fragen für uns Menschen.
Wohin gehen Alben nach dem Tod?
Gibt es albische Helden in Walhall oder Folkwang?
Warum kennen wir keine albischen Namen?
Und: Warum verbergen sich die Alben vor uns?

Alben-Riten Um die Beziehungen zwischen Menschen und Alben zu enträtseln, bliebe der Blick auf das Ritual, um von dort Rückschlüsse zu ziehen. Immerhin kennen wir das alfablot und sind bei der Deutung nicht ganz verloren. Simek schreibt:
"alfablot (altnord. »Opfer an die Alben«) ist uns durch die altnord. Literatur in drei Fällen überliefert. Die erste Erwähnung stammt aus den Austrfaravisur des Skalden Sigvatr Thordason von einer Reise nach Schweden, die er im Herbst 1018 unternommen hatte. Er erzählte, dass er an mehreren Höfen abgewiesen wurde, da dort gerade das a. abgehalten wurde. (…) Dies ist die einzige ausdrückliche Erwähnung des a., jedoch erzählt die Kormaks saga (…) von einer anderen Art von Opfer an die Alben, wo dem verwundeten Thorvadr empfohlen wird, das Blut eines Stieres auf einen von Alben bewohnten Hügel zu gießen und ihnen vom Fleisch ein Mahl zu bereiten, dieses Ereignis fiele nach der internen Chronologie dieser Sage in die 2. Hälfte des 10. Jh., die Sage selbst ist jedoch erst in der 1. Hälfte des 13. Jh. entstanden, so dass wir diesen Glauben an eine Heilkraft der Alben, falls nicht überhaupt fiktiv, erst für diese Zeit annehmen können. Die dritte Nennung bezieht sich auf den nach glückbringender Herrschaft in Geirstad begrabenen König Olafr Gudrodarson (…). Wenn wir auch über die Art des a. nichts Sicheres wissen, so ist dennoch durchaus möglich, dass den Alben (im Gegensatz zu den Zwergen) ein gewisser Kult gewidmet war."[29]
Schön finde ich das erste Beispiel: Man will beim Alfablot ungestört sein. Die Alben werden – wie ihre Nachfahren und Abbilder Feen und Elfen – als ein wenig scheu beschrieben. Wenn meine Welt für einen Zahn verschenkt worden wäre … nein, es ist eher so, dass die Alben mit dem Menschen nicht zu viel zu tun haben wollen. Sonst würde man sie ja mehr wahrnehmen – und es ist mir nicht so bekannt, dass in den letzten Jahrzehnten des Wiederaufleben des Asatru nun albische Sichtungen im Übermaß stattgefunden hätten.
Was ist passiert? Wo sind sie hin?

Zum Verhältnis von Asen und Alben
Zum Ragnarök heißt es in der "Wöluspa" ("Völuspa"):
"Was ist bei den Asen? Was ist bei den Alben?
All Jötunheim ächzt, die Asen versammeln sich.
Zwerge stöhnen vor steinernen Türen,
Der Bergwege Weiser: wisst ihr noch mehr?"[30]
Asen, Alben – Schulter an Schulter. Und trotzdem herrscht über die Alben das große Schweigen, obwohl man ganz dick miteinander ist? Das ist nicht nur meine Sicht – auch bei Simek ist das genauso:
"Wo in mittelalterlichen mythographischen Texten noch mythisch relevante Gruppen von Wesen jenseits der Götter und Menschen genannt werden, tritt – abgesehen von den Riesen – eine wohl nebeneinander (und nicht hierarchisch) gedachte Einteilung in Asen, Alben und Zwerge auf (…). Die Alben werden zudem als anscheinend gleichberechtigte Gruppe neben den Asengöttern in einer Reihe junger Eddalieder (…) sowie bei Snorri Sturluson (…) genannt."[31]
Im Oertel wird eine Geschichte erzählt, aus der hervorgeht, dass die Alben unter Odins Schutz standen.[32] Warum wissen wir dann so wenig über die Alben? Eng verbunden mit den Asen, gemeinsam im Ragnarök marschierend (und untergehend), aber sie gehen nicht an das mystische Telefon, wenn wir ein Ritual feiern. Dreck.

Delling und die Alben
Wie immer bei schwierigen Fragen, die sich mir stellen, bietet sich Delling als Lösung an. Das ist nicht einmal meine Erfindung – im Internet finden sich diverse Stellen, welche Delling mit Alben in Verbindung bringen. So gibt es z.B. online folgende schöne Gleichung: Lichtalbenheim, Delling, Freyr, die Rune Berkane, Geist, Intellekt und Denken und die Jahreszeiten samt Fruchtbarkeit.[33] Eine großartige Deutung. Oder man liest die folgende Erklärung in einem Forum:
"Lichtalfheim (Lichtalbenheim) – Sitz der luftigen und höheren Elementarwesen (Elfen). Wächter ist der Elf DELLING und Herrscher der Wane FREYER"[34]
Derselbe Text findet sich auch auf einer Seite namens www.weltverschwoerung.de[35], was mich schon fast nervös macht – schon gar, weil meine Internetrecherche weniger als fünf Minuten gedauert hat und diese Dinge findet.
Wenn man erst einmal auf sich wirken lässt, was man da liest, wird einem die tiefere Weisheit offenbar. Die Alben erhalten tatsächlichen Opfergaben, die zum rekonstruierten Delling-Ritus passen: In Skandinavien hießen näpfchenartige Vertiefungen an heiligen Steinen, in die kleine Opfergaben gelegt werden, "Albenschälchen".[36]
Bevor jetzt wieder alle Aufstöhnen, weil ich den langen Bogen zu Delling geschlagen habe, lassen wir wieder einmal die grundsätzliche Quelle sprechen, die "Edda". So heißt es in den "Zaubersprüchen" ("Havamal"):
"Lieder kenn‘ ich, die kann die Königin nicht
Und keines Menschen Kind …
Hilfe heißt eins, denn helfen mag es
In Streiten und Nöten und in allen Sorgen.
(…)
Ein fünfzehntes kann ich, das Volkrörir der Zwerg
Vor Dellings Schwelle sang;
Den Asen Stärke, den Alben Gedeih’n,
Hohe Weisheit dem Hroptatyr."[37]
Hohes Gericht, wir haben keine weiteren Fragen.

Schluss
Ich habe mich da in einen Pfuhl begeben, der bodenlos scheint. Ich gebe ehrlich zu, dass ich (für mich) mehr Fragen aufgeworfen habe, als ich auf den ersten Blick beantworten kann. Aber genau das ist es doch manchmal, was die Forschung so interessant macht: Es ist so, als hätte man den Zipfel eines Stoffes in der Hand und tastet sich daran entlang, um zu erkennen, was man eigentlich berührt.
So geht es mir mit meinen Fragen zu den Alben. Ich kann die wenigsten beantworten. Aber drei Dinge sind mir klar geworden.
Erstens: Ich habe meine Kommentare zu Delling und den Alben abgegeben. Es bleibt abzuwarten, ob das bei den Lesern Bilder, Träume oder Visionen erzeugt.
Und ja: Es gibt ein Problem in Lichtalbenheim mit dem Annehmen von Geschenken. So was von wegen Elfengold oder einer ewigen Verpflichtung, wenn man ein Geschenk dort annimmt.
Zweitens: Alle meine Fragen sind legitim; ob meine Antworten es sind, mag jeder selbst entscheiden. Aber es ist immer einfacher, einen Pflock in den Boden zu rammen und an diesem mit dem Bau seines Wehrturms zu beginnen, anstatt gegen eine fremde Feste anzurennen. Ich habe einen Pflock eingerammt und bin bereit, mich dem Ansturm zu stellen.
Drittens: Verdammt noch mal, die Alben sind unglaublich starke Verbündete. Und wenn Delling wirklich einen Zugang liefert – Horrido!

Leseempfehlungen
Bear, Greg: "Das Lied der Macht" (1987) (Original "The Infinity Concerto", 1984) & "Der Schlangenmagier" (1989) (Original "The Serpent Mage", 1986)
Ipcar, Dahlov: "Der Ruf ins andere Land" (1981) (Original "A dark horn blowing", 1978)
Kipling, Rudyard: "Puck vom Buchsberg" (1959) (Original "Puck of Pook Hill", 1906)
Moorcock, Michael: "Elric von Melnibone" (1979) (Original "Elric of Melnibone", 1972) und alle Folgeromane: "Die See des Schicksals" (1979) (Original "The Sailor on the Seas of Fate", 1976), "Der Zauber des Weißen Wolfs" (1979) (Original "The Weird of the White Wolf", 1979), "Der verzauberte Turm" (1980) (Original "The Vanishing Tower", 1970), "Im Banne des schwarzen Schwertes" (1980) (Original "The Bane of the Black Sword", 1979), "Sturmbringer" (1980) (Original "Stormbringer", 1977)
Tarr, Judith "Die gläserne Insel" (1986) (Original "Isle of Glass", 1985), "Das goldene Horn" (1987) (Original "The Golden Horn", 1985), "Die Hunde Gottes", (1987) (Original "The Hounds of God", 1986)
Vance, Jack "Der graue Prinz" (1979) (Original "The gray prince", 1974)

Verwendete Literatur
GardenStone "Germanischer Götterglaube", Norderstedt, 2009
Genzmer, Felix "Die Edda", Jena, 1933
Grimm, Jacob "Deutsche Mythologie", Wiesbaden, 2007 (Behutsam revidierter Nachdruck der Ausgabe 1878)
Neckel, G. (Hrsg.) "Die Edda übertragen von Karl Simrock", Berlin, 1927 (zitiert als Simrock "Edda")
Oertel, Kurt (Hrsg.) "Ásatrú – Die Rückkehr der Götter", Rudolstadt, 2012
Schütte, Gudmund "Dänisches Heidentum", Hamburg, 2006 (Reprint der Ausgabe von 1923)
Simek, Rudolf "Der Glaube der Germanen", Kevelaer, 2005 (zitiert als Simek "Glaube")
Simek, Rudolf "Lexikon der germanischen Mythologie", Stuttgart, 2006 (zitiert als Simek "Lexikon")




  1. Oertel, S. 192
  2. Genzmer "Edda", S. 103
  3. Genzmer "Edda", S. 81
  4. Genzmer "Edda", S. 78
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Milchgebiss; 30.08.2021
  6. Oertel, S. 415
  7. Simrock "Edda", S. 176
  8. Nach Oertel, S. 418
  9. Oertel, S. 103
  10. Simrock "Edda", S. 194
  11. Nach Simek "Lexikon", S. 68
  12. Grimm, S. 347
  13. Schütte, S. 49
  14. Schütte, S. 49 f.
  15. Nach Oertel, S. 389
  16. Oertel, S. 383
  17. Simek "Lexikon", S. 8
  18. Ebenda, S. 9
  19. Vgl. GardenStone, S. 266
  20. Vgl. GardenStone, S. 266
  21. Vgl. Schütte, S. 9; Schütte zieht den Bogen noch weiter zur "Trudgestalt" (ebenda) bis zum "Mare-Kreuz" oder "Trudenfuß", dem fünzackigen Stern (ebenda, S. 15).
  22. GardenStone, S. 268
  23. Vgl. Simek "Glaube", S, 95; Simek macht später den Umkehrschluss, in dem er Dämonen mit Alben gleichsetzt (Simek "Glaube", S. 135).
  24. Oertel, S. 384
  25. www.projekt-gutenberg.org/simrock/beowulf/beow01.html; Simrocks Übersetzung; 30.08.2021
  26. Oertel, S. 388
  27. Vgl. Oertel S. 388 f.
  28. Vgl. Oertel, S. 389 und GardenStone, S. 269
  29. Simek "Lexikon", S. 12 f.
  30. Simrock "Edda", S. 171
  31. Simek "Glaube", S. 94
  32. Vgl. Oertel, S. 385
  33. https://xkleinesbiestx.de.tl/Germanische-G.oe.tterwelt.htm; 03.04.2018 (nicht mehr online, 30.08.2021)
  34. http://dieerbenderwikinger.userboard.org/informationen/die-mythologie-der-wikinger-t9.html; 03.04.2018 (nicht mehr online 30.08.2021)
  35. www.weltverschwoerung.de/threads/die-edda.19669/; 30.08.2021
  36. Nach Oertel, S. 386
  37. Simrock "Edda", S. 222 f.